‚Pick-Up-Artists‘ aus der Deckung holen!

Das Phänomen ‚Pick-Up‘ ist kein neues. Mit seinem in den 1980er Jahren erschienenen Buch How to Get the Women You Desire into Bed lieferte Ross Jeffries ein Fundament für diese Szene, die sich seither weiterentwickelt und global ausgebreitet hat. Einige dieser Akteure (1) sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden, wobei besondere Aufmerksamkeit auf denen liegt, die in München aktiv sind.

International erlangte der US-Amerikaner Dariush Valizadeh aka ‚Roosh‘ Bekanntheit. Er plädiert dafür, Vergewaltigung auf privatem Gelände zu legalisieren und betreibt auf seinem Blog unter anderem Fat Shaming. International bekannt ist auch der Schweizer Julien Blanc, der auf YouTube mit einer Vergewaltigung prahlte und mittlerweile in mehrere Länder nicht mehr einreisen darf.

Hierzulande gelten Arne Hoffmann, ein maskulinistischer Schreiberling, und Maximilian Pütz, ein maskulinistischer Vollblutprolet, als Begründer der ‚Pick-Up‘-Szene. Zusammen bringen die beiden 2011 das Buch Der perfekte Eroberer: wie Sie garantiert jede Frau verführen – die bessere Strategie heraus. Laut Franziska Schutzbach, einer Geschlechterforscherin und Soziologin, lautet ihre dort vertretene ‚Philosophie‘, dass ein Mann jederzeit Anspruch auf Sex hätte. Männer müssten zudem eine dominante Alphamännlichkeit entwickeln, um erfolgreich bei Frauen zu sein (mehr zu Männlichkeit(en) und ‚PUAs‘ lest Ihr hier). Pütz und Hoffmann etablieren Coaching-Angebote und bringen das ‚Pick-Up‘-Konzept nach Deutschland. Heute gibt es im ganzen Bundesgebiet zahllose, überwiegend männliche, Anbieter, die sich Flirt- oder Dating-Coach nennen und ihren Schülern manipulative Techniken vermitteln. Mehr zu den Methoden der ‚PUAs‘ findet Ihr in diesem Beitrag.

Obacht Münchner*innen!

Charly Imsel – der übergriffige Sexist. Aktiv im Innenstadtbereich. Webseite: www.charlyimsel.de

Blicken wir nach München und nehmen einige der hier aktiven ‚Pick-Up-Artists‘ (PUA) genauer unter die Lupe. Da wäre zum Beispiel Charly Imsel – der übergriffige Sexist. Imsel ist in der Regel in der Innenstadt unterwegs, auf seinen Videos sieht man ihn mit seinen Kunden in der Fußgänger*innenzone oder am Stachus. Neben Videos von Anquatschversuchen seiner Schüler vermittelt er auf seinem YouTube-Kanal sexistisches, übergriffiges Verhalten gegenüber Frauen. Imsel beschreibt in einem Video, wie er Frauen dazu bringt ihn zu küssen:

Du „(…) lässt die Hand nicht mehr los, ziehst sie (Anm. die Frau) vielleicht in die andere Richtung oder nimmst sie in den Arm. Gehst vielleicht den nächsten Schritt und küsst sie, indem du sie in den Hals beißt. (…) Nimmst ihr Kinn, rückst es dir zurecht und gehst für den Kuss. (…) Wenn sie wegzieht, also Nein sagt, machst Du das Ganze später nochmal und löst die Situation auf, indem du sagst: Ey, du dachtest doch nicht, dss ich dich küssen will, ich wollte dich nur abschlecken, denn ich bin ein Hund.“

Grenzen werden nicht akzeptiert, denn für ihn ist ein Nein kein Nein, es sei lediglich ein „noch nicht jetzt“. Frauen, die ihn nicht küssen wollen, seien entweder schüchtern oder hätten eine an der Meise. Er selbst beschreibt sich übrigens als introvertiert, plant jedoch in seinem Kalender drei bis fünf „Sets“ pro Tag ein. Obwohl er sein Unwesen in München treibt, sitzt Imsels Unternehmen „Charly Imsel Private Limited“ in der Steueroase Singapur. Steuern zahlen scheint also nicht so sehr sein Ding zu sein. Leider wird er von der Münchner Kreativszene verharmlost, in der Vergangenheit war er Gastredner beim Format „Munich Creative Mornings“, die ihn als „leidenschaftlichen Life Coach“ präsentierten.


Daniel Karnatz – der peinliche Dampflauderer, aktiv im Englischen Garten, Innenstadtbereich. Webseite: www.danielkarnatz.de

Der zweite selbst ernannte ‚Verführungskünstler‘ der hier Eingang finden soll, ist Daniel Karnatz – der peinliche DampfplaudererDer ursprünglich aus Dresden stammende Karnatz sitzt mit seinem Unternehmen in der Adalbertstraße in München. Er hat drei Mitarbeiter namens Lasse, Nils und Andreas. Mit denen ist er in erster Linie im Englischen Garten unterwegs, wo er Schülern seine „Skills“ (tatsächlich schwafelt Daniel leidenschaftlich gerne Denglish) vermittelt. Ein weiteres seiner Videos entstand im Hofgarten. Neben seinen Coachings produziert er massenhaft Videos für seinen YouTube-Kanal. Diese Videos sind an Peinlichkeit kaum zu überbieten, weil er einfach ein unfassbarer Wichtigtuer mit – wie er selbst sagt -„Egokomplex“ ist. In einem Video kommentiert Karnatz die Sendung „Männerwelten“, in der sexualisierte Gewalt thematisiert und eingeordnet wurde: So sei es „nicht sinnvoll“ Dickpicks an Frauen zu senden, ein „echter Mann“ habe es nicht nötig, Frauen online zu belästigen. Vergewaltigung „raffe er gar nicht“ und die Sendung habe ihm gezeigt, warum er diesen Job mache, denn Männer müssten lernen, wie sie mit Frauen umzugehen haben und sie nicht gleich vergewaltigen.


Matthias Pöhm – der schmierige Widerling, aktiv in einem Seminarhotel, Clubs. Webseite: www.poehm.de

Der dritte Akteur ist Matthias Pöhm – der schmierige Widerling. Pöhm bezeichnete die Aktionen gegen sein Seminar im Jahr 2019 in München als „feministische Frontalattacke“ und suhlte sich ausgiebig in der Opferrolle. Sein Ego war so angekratzt, dass er sogar Zeit in eine Stellungnahme investierte, in der er sich natürlich von allen Vorwürfen distanziert und seine Seminare verharmlost. Frauen seien, so Pöhm „herrliche, begehrenswerte, schöne Wesen“, die – wenn sie schön und intelligent sind – „Männer mit Prinzipien“ wollen. Pöhms Unternehmen sitzt in Bonstetten in der Schweiz. Die Wochenendseminare „Männlich wirken – natürlich flirten“ kosten schlappe 1450€ und finden in München und Zürich in „einem Seminarhotel“ statt. Über seinen Online-Shop vertreibt Pöhm darüber hinaus Bücher aus den Kategorien „Rhetorik“, „Verführung“ oder „Spiritualität“. Ein Buch aus der Rubrik Verführung trägt den Titel: Ich kann euch alle haben – Der entschlüsselte Verführungscode. Leser halten Pöhms Geschreibsel für „schrecklich banal“, beschreiben wie Pöhm im Buch Frauen zu konsumierbaren Objekten macht und „Sexismus vom Feinsten“. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.


Michel Vincent – der abgebrühte Abzocker ist im Innenstadtbereich aktiv. Webseite: www.besseredates.com

Ein weiterer in München aktiver ‚Verführungskünstler‘ ist Michel Vincent – der abgebrühte Abzocker. Michel Garin, wie der ‚PUA‘ mit bürgerlichem Namen heißt, sitzt mit seinem Unternehmen „Besseredates GmbH“ in Germering bei München. Mit seinen Schülern ist er oft in der Innenstadt unterwegs, Feminist*innen beobachteten ihn am Rindermarkt, als er gemeinsam mit einem Schüler (?) zwei junge Mädchen anquatschte.

In einem seiner YouTube-Videos erzählt Garin freimütig, wie er eine ihm unbekannte Frau auf der Straße ungefragt küsst und erläutert Strategien, um „Schutzschilde“ von Frauen zu beseitigen. Darüber hinaus verbreitet er die gleichen pseudo-wissenschaftlichen Inhalte wie alle ‚PUAs‘ und behauptet über „tiefgründiges Wissen der weiblichen Psychologie, das nur 1% der Männer überhaupt kennen“ zu verfügen. Trotz seines grenzüberschreitenden Verhaltens und offensichtlich unfundierten Geschwafels gaben ihm zahlreiche Medien (z. B. Abendzeitung, Süddeutsche Zeitung) die Möglichkeit, seine ekelhafte Ideologie zu verbreiten. Diese Prominenz weiß er zu nutzen. Michel Garin nimmt für die Teilnahme an einem achtstündigen Kurs bis zu 350€, ein eintägiges Individualprogramm mit ihm kostet 1500€ und das dreitägige „Gentlemens Bootcamp“ kostet schlappe 3000€. Darüber hinaus ist er Autor des Buches Der Verführungscode und bildet nach eigenen Angaben selbst ‚PUAs‘ aus.


Royal Campus – der königliche Krämerladen ist in Seminarhotels aktiv. Webseite: www.royalcampus.de

Zu schlechter Letzt noch das Unternehmen Royal Campus. Der königliche Krämerladen hat seinen Sitz in Hamburg, ist aber bundesweit aktiv. Neben den Flirt-Coachings für rund 800€ oder den dreimonatigen Premium-Coachings für kapp 2000€ bietet Royal Campus Publikationen mit lächerlichen Titeln wie Männlichkeits-Booster oder Training-Trilogie an. Aber natürlich alles „Premium“, genauso wie das Trainer-Team aus Executive Instructor Chris (dem „bodenständigen“ Gründer), Master Instructoren Jannik (mit der „spürbaren Authentizität“), Marcus (dem „Charisma Trainer“), Béla (dem „alten Hasen“) und Till (dem „charismatischen Wirbelwind“) sowie Instructor Alex (der „wie ein Feuerwerk“ sein soll).


Wo die Seminare von Pöhm, Garin bzw. Royal Campus stattfinden ist derzeit leider nicht bekannt. Hinweise gerne an uns.

Einschreiten und Grenzen aufzeigen! 

Es geht darum, diese Sexisten aus der Deckung holen und ihnen wo immer möglich die Tour zu versauen. Darum rufen wir dazu auf, die Augen offen zu halten und gegebenenfalls auch einzugreifen. ‚PUAs‘ sind manchmal allein unterwegs, manchmal aber auch in „Lairs„, also Gruppen.

Wie ihr sie erkennt erfahrt ihr unter in einem Beitrag über die Methoden der ‚PUAs‘. Wie ihr Euch wehren könnt, im Beitrag „Was tun?“ Wenn Ihr die Kraft habt einzuschreiten – sehr cool! Achtet dabei auf Eure Sicherheit, bezieht ggf. Umstehende mit ein oder macht sie lautstark auf die Situation aufmerksam. Und wer sich nun fragt, warum wir dazu aufrufen zu diesen Mitteln zu greifen, kann hier nachlesen, warum diese Ideologie so problematisch ist.


(1) Hinweise darauf, wie wir gendern findest Du hier in der Einleitung
(2) Franziska Schutzbach: Dominante Männlichkeit und neoreaktionäre Weltanschauungen in der Pick-Up-Artist-Szene.