Aufruf 2022

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Our bodies, our lives!

Gegen den Aufmarsch radikaler Abtreibungsgegner*innen

Am 3. Oktober 2022 ziehen erneut christliche Fundamentalist*innen mit weißen Holzkreuzen durch München. Der „1000-Kreuze-Marsch“ soll den in Deutschland angeblich  eintausend Abgetriebenen jeden Tag „gedenken“. Die Positionen sind altbekannt: Frauen sollen nicht abtreiben dürfen, queere Lebensweisen werden delegitimiert, es wird verschwörungsideologisch von der Homo-, Trans- oder Abtreibungslobby fabuliert und gegen queere Menschen agitiert.

Mit dem Kippen des Roe-vs.-Wade-Urteils in den USA wurde deutlich sichtbar, welche Folgen eine erfolgreiche fundamentalistische Bewegung haben kann: Schwangerschaftsabbrüche sind in vielen Staaten komplett verboten und ungewollt Schwangere müssen in andere Staaten reisen, um eine Abtreibung vornehmen zu können, weil immer mehr Kliniken geschlossen werden. Die Folgen sind nicht weniger Abbrüche, sondern mehr Tote! 

Das wollen wir hier nicht. Das wollen wir nirgendwo.

Deswegen gehen wir am 3. Oktober 2022 gegen die selbsternannten „Lebensschützer*innen“ von „EuroProLife“ auf die Straße und stellen uns ihrer Hetze entgegen. 

Mutterschaft als Lebenszweck?  

Sie sagen sie sind „pro life“, für das Leben also. Aber für wessen Leben? Sicherlich nicht für das Leben ungewollt Schwangerer, denen so das Recht über die selbstbestimmte Gestaltung des eigenen Lebens genommen wird und die weltweit an medizinisch fehlerhaften, weil illegalisierten Abtreibungsversuchen sterben. Diese Leben interessieren sie nicht, da in ihrem traditionalistischen Weltbild Mutterschaft letztlich ohnehin der wichtigste Lebenszweck von Frauen sein soll. Sie verteidigen aggressiv die vermeintlich „wahren“, „gottgegebenen“ Geschlechtsidentitäten, die ihre Bestimmung in der heterosexuellen Familie findet. Entsprechend haben queere Identitäten und Lebensrealitäten in ihrem reaktionären Geschlechterbild keinen Platz und queere Menschen damit kein Anrecht auf Kinder und Familienbildung, die im konservativen Weltbild aus Frau und Mann besteht.

Auf politischer Ebene ist die Agitation gegen reproduktive, sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung eine der verbindenden Klammern extrem rechter, christlich-fundamentalistischer, maskulinistischer oder auch anti-egalitärer Bewegungen. Mit dem weltweiten Rechtsruck sind Antifeminismus, Misogynie und Sexismus für konservative und extrem rechte Akteur*innen Punkte der Agitation geworden, mit denen sie tiefsitzende, verinnerlichte Ressentiments in weiten Teilen der Bevölkerung aktivieren können.

Klar ist, mit einer Rhetorik gegen Abtreibungen, Feminismus und „Gender-Ideologie“ erreicht man eine breite Menge an Menschen, weit über das konservative bis rechte Spektrum hinaus. So lösen Debatten über das Gender-Sternchen in weiten Teilen der Gesellschaft immer noch zuverlässig Schnappatmung aus. Intuitive Pseudo-Wahrheiten wie „Abtreibung ist schlecht, Tradition ist gut, Feminismus geht zu weit, Homosexualität ist degeneriert“ sind tiefsitzende, verinnerlichte Ressentiments, die reaktionäre Akteur*innen leicht bespielen können, ohne dass Leute verstehen, dass das auch immer der erste Schritt autoritäre Entwicklungen ist.

„Our bodies, our lives!“

Wozu solche autoritären Entwicklungen führen können, sehen wir gerade in den USA, wo die Arbeit der christlichen Rechten dazu geführt hat, dass Schwangerschaftsabbrüche in vielen Bundesstaaten de facto verunmöglicht wurden. Fundis sind Teil einer globalen Bewegung, die emanzipatorische Erfolge zunichte machen will. Wir lassen nicht zu, dass Abtreibungsgegner*innen am 3. Oktober ihre antifeministische und queerfeindliche Ideologie unwidersprochen auf die Straße tragen können, und setzen ihrem bevormundenden Zugriff auf unsere Körper entschieden, „Our bodies, our lives!“ entgegen. 

Es ist unser Körper und es ist unser Leben! 

Es ist unsere Entscheidung, ob wir Kinder kriegen, oder nicht! 

Wir lassen uns von niemandem vorschreiben, wie wir unser Leben gestalten. Nicht von Staat, Kirche, Fundis oder anderen Hampelmännern. Um diese Entscheidungen selbstbestimmt treffen zu können, braucht es gesellschaftliche Voraussetzungen. Dafür kämpfen Feminist*innen weltweit. Und darum gehen wir am 3. Oktober 2022 mit euch allen auf die Straße. 

Alerta Alerta Antisexista!

Smash patriarchy!

Fundis von der Straße kicken!


Against the march of radical anti-choice-activists

On October 3, 2022, Christian fundamentalists will once again parade through Munich with white wooden crosses. The „1000“-Kreuze-Marsch“ is supposed to „commemorate“ the allegedly one thousand aborted people in Germany every day. The positions are well known: women should not be allowed to have abortions, queer ways of life are being delegitimized, conspiracy ideologies are being spread by talking about homo-, trans- and abortion-lobby and agitated against queer people.

With the overturning of the Roe vs. Wade verdict in the USA, it became clear what consequences a successful fundamentalist movement can have: abortions are completely banned in many states and pregnant people have to travel to other states in order to have an abortion, because more and more clinics are being closed. The consequences are not fewer abortions, but more deaths!

We don’t want that here. We don’t want that anywhere.

That’s why we’re taking to the streets on October 3, 2022 against the self-proclaimed „Pro Lifers“ of „EuroProLife“ and opposing their agitation.

Motherhood as the sole purpose in life?

They say they are „pro life“. But whose life are they protecting? Certainly not the lives of unintentionally pregnant people, who are thus deprived of the right to shape their own lives in a self-determined manner and who die from medically incorrect, illegal abortion attempts all around the world. Anti-Choicers are not interested in these lives, because in their traditionalist world view, motherhood is ultimately supposed to be the most important purpose in life for women anyway. They aggressively defend the supposedly „true“, „God-given“ gender identities and the heterosexual family. Accordingly, queer identities and realities of life have no place in their reactionary gender image and queer people therefore have no right to have children or form a family. 

At the political level, agitation against Gender, reproductive and sexual self-determination is one of the connecting brackets of right-wing, Christian-fundamentalist, masculinist or even anti-egalitarian movements. With the worldwide shift to the right, anti-feminism, misogyny and sexism have become points of agitation for conservative and extreme right-wing actors with which they can activate deeply rooted, internalized resentments in large parts of the population.

It is clear that anti-abortion, anti-feminism and „gender ideology“ rhetoric reaches a wide range of people, far beyond the conservative to right-wing spectrum. Debates about language that tries to include all genders still reliably trigger anger in large parts of society. Intuitive pseudo-truths like „abortion is bad, tradition is good, feminism goes too far, homosexuality is degenerate“ are deep-seated, internalized resentments that reactionary actors can easily play on without people understanding that that’s always the first step authoritarian developments.

„Our bodies, our lives!“

We can see what such authoritarian developments can lead to when we look what’s happening in the USA. The work of the Christian Right has made abortions de facto impossible in many states. Fundamentalists are part of a global movement that want to destroy emancipatory progress. We will not allow abortion opponents to take their anti-feminist and anti-queer ideology onto the streets unchallenged on October 3, and we resolutely oppose their patronizing access to our bodies with the claim: „Our bodies, our lives!“.

It’s our body and it’s our life!

It is our choice whether we have children or not!

We don’t let anyone dictate how we live our lives. Not by state, church, fundamentalists or anyone else! In order to be able to make these decisions independently, social conditions are required. This is what feminists are fighting for all over the world. And that’s why we’re taking to the streets with all of you on October 3, 2022.