2021 – Welcome to Hell! Die Hölle denen die dran glauben! 

Der leider schon obligatorische Inhaltshinweis: Bullen(-gewalt)

Unser Nachbericht zu den Protesten gegen den „1000-Kreuze-Marsch“ 2021 

Unter dem Motto: „Welcome to Hell – die Hölle denen die dran glauben!“ haben wir uns am vergangenen Sonntag, den 17. Oktober 2021, in München mit über 400 Menschen, lautstark den christlichen Fundamentalist*innen und radikalen Abtreibungsgegner*innen um „EuroProLife“ entgegengestellt. Wir freuen uns, dass auch dieses Mal wieder so viele Menschen mit uns auf der Straße waren, um für geschlechtliche, sexuelle, familiale und reproduktive Rechte und Vielfalt zu streiten und dabei Antifeminist*innen jeglicher Couleur ihre Rückzugsräume zu nehmen.

Mit guter Musik, lauten Parolen, Konfettikanonen und einer kraftvollen Demo haben wir den reaktionären Lebensfeind*innen gezeigt, dass wir es nicht zulassen werden, dass sie uns unser Recht auf körperliche Selbstbestimmung öffentlich absprechen.

75 statt 1000 Kreuze 

Mit rund 100 Teilnehmer*innen fiel der Marsch am Wochenende kleiner aus als im letzten Jahr und so zogen die Fundis statt der 1000 Kreuze mit gerade einmal 75 weißen Kreuzen durch die Münchner Innenstadt. Durch die „Absicherung“ der Demoroute mit einem massiven Polizeiaufgebot, das die Außenwirkung der rechtsklerikalen Aufmarsches kaum vorhanden. An manchen Stellen war es nur der schräger Gesang der Fundis der über die Polizeihelme hinweg zu hören war. 

Doch was vielleicht harmlos bis lächerlich daherkommt, sorgt für Stigmatisierung und strukturelle Unterversorgung von ungewollt Schwangeren. Uns geht es bei unserem Protest auch immer darum, antifeministische Strukturen offen zu legen und die (rechts-)konservativen, christlich-fundamentalistischen Organisationen, die hinter Angriffen auf reproduktive Rechte in München stehen, zu benennen. Um so mehr freut es uns, wie vielfältig der Protest gegen die Fundischweine am Wochenende ausgefallen ist. So ist uns zu Ohren gekommen, dass unter anderem die Fake-Beratungstelle „Pro Femina“ im Vorfeld feministischen Besuch bekommen hat und auch noch weitere Orte antifeministischer Akteur*innen in München markiert wurden! 

Feministisches Alternativprogramm zu fundamentalistischer „Rosenzeremonie“  

Um die „1000-Kreuze-Show“ der Fundis mit klerikalem Jammergesang nicht ertragen zu müssen, haben wir zeitgleich zu ihrer sogenannten „Rosenzermonie“ ein feministischen Alternativprogramm organisiert.

“Rosenzeremonie“? Hä was ist das? Bei der „Rosenzeremonie“, dem ekelhaften quasi Höhepunkt des Marsches, werfen die Fundis eine Rose nach der anderen in die Isar, rufen theatralisch und wahllos Namen, um den angeblich 1000 Kindern zu gedenken, die täglich abgetrieben werden… dazu wird eine Glocke geläutet. Zwischendurch wird noch gekniet. 

Mit vielfältigen Redebeiträgen (nachzulesen bei Twitter), Glitzer, schicken Transpis und guter Musik konnten wir den Fundis direkt an der Luitpoldbrücke die Show stehlen und ihnen ihre beschissene Zeremonie vermiesen!

Wie ein roter Faden: Das #Polizeiproblem

Davon abhalten lassen wir uns auch nicht von Gewalt, Schikanen und Verleumdungen gegen unseren Protest von Seiten der Münchener Polizei. Bei der ein oder anderen Einheit der Cops liegt die Annahme nahe, dass sie ihre Nase zu tief in die Asservatenkammer gesteckt hat. So fielen wieder einmal jegliche Hemmungen beim Vorgehen gegen unseren Protest. Während die vergangenen Jahre bereits Lehrstücke in der Kategorie Cops im Umgang mit feministischen Protest waren, sind wir dennoch auch dieses Mal wieder geschockt von der massiven Polizeigewalt und Repression, die beständig unsere Proteste überschattet: Erneut gab es verletzte und festgenommene Aktivist*innen wegen völlig außer Rand und Band geratenen Prügel-Cops, die Demonstrationsteilnehmer*innen und Presse-Menschen verbal und körperlich angingen. Von Kundgebungsbeginn an hatten die Cops Bock. Sie rissen unsere Banner ohne ersichtlichen Grund herunter, nahmen willkürlich Leute fest und setzten Schlagstöcke in Kopfhöhe ein. Mindestens eine Person musste sich aufgrund einer Kopfverletzung durch Schlagstockeinsatz im Krankenhaus behandeln lassen. Wir sind empört und stinksauer, dass unser Recht auf Versammlungsfreiheit und unser Widerstand gegen die Fundis, mit Schlagstöcken verdroschen wird. Als wäre psychische und physische Gewalt am Aktionstag selbst nicht schon genug, mussten wir im Nachgang der Demonstration die konstruierten Lügengeschichten der Cops im Polizeibericht lesen. 

„Abtreibungsbefürworter“ … what?  

An dieser Stelle gehen auch Grüße raus an alle Journalist*innen, die meinen, die Polizei sei eine journalistische Quelle, die nicht hinterfragt werden muss. Spoiler: Ist sie nicht, Polizeiberichte sind nicht neutral! Das könnt ihr besser.

Stichwort „Abtreibungsbefürworter“: Wer bis heute nicht begriffen hat, dass wir nicht für Abtreibungen sind, sondern für die Möglichkeit sich dafür entscheiden zu können, sollte sich lieber mit anderen Themenkomplexen beschäftigen und denjenigen die Arbeit überlassen, die bereit sind ihre Arbeit mit Recherche zu füllen.

Wir bedanken uns im Gegenzug bei allen Journalist*innen, welche die Zeit finden, ihren Schreibtisch zu verlassen, unsere Proteste begleiten, vor Ort sind und sich für eine kritische Berichterstattung engagieren. Die bedenkliche Versorgungslage, fehlende Informationen zum Thema Abtreibung und die andauernde Kriminalisierung ist ein gesellschaftliches Problem, dem es bis heute an Aufmerksamkeit fehlt. 

Einmal ist es andersrum…

Der Sonntag hat wieder einmal gezeigt: Wir können uns bei unserem Kampf gegen Sexismus und Patriarchat nicht auf den Staat und sein Gewaltmonopol verlassen! Wir müssen uns selbst Freiräume schaffen, um unseren Träumen und Utopien ein Stück näher zu kommen! Wir müssen uns auch weiterhin jeglichem Antifeminismus und Sexismus entgegenstellen, denn nicht nur der christliche Fundamentalismus bedeutet die Hölle auf Erden für all jene, die nicht in sein antifeministisches Weltbild passen. 

Deshalb gilt: Die Hölle denen, die dran glauben! Für das Paradies auf Erden – jenseits von Patriarchat, Religion, Staat und Kapital! Wir kämpfen weiter für einen Feminismus der zu dem machtvollen Schreckgespenst wird, als welcher er imaginiert wird!