Negging, Freezing und Last Resistance – die gewaltvollen ‚Flirts‘ der ‚Pick-Up-Artists‘ 

Zu was die Ideologie der selbst ernannten ‚Pick-Up-Artists‘ und ihre Geschlechterbilder führen, sieht man in der Betrachtung ihrer manipulativen und pseudowissenschaftlichen Aufreißermethoden (mit der Ideologie haben wir uns in diesem Artikel näher beschäftigt). Mit Taktik und Strategie versuchen sie die persönliche Grenzen ihrer sogenannten ‚Targets‚ – Frauen (1) die sie ins Bett kriegen wollen – zu brechen. Mit Macht- und Erniedrigungstaktiken wird das Selbstbewusstsein des Gegenübers aktiv manipuliert, um den eigenen Willen durchzusetzen. Mit Flirten hat das alles nichts zu tun. Es geht ums Game (mehr dazu in diesem Artikel zur Sprache der ‚PUAs‘), nicht darum gemeinsam eine gute Zeit zu verbringen und sich wechselseitig zu respektieren, sondern um Manipulation, Macht und Rumkriegen. Im Folgenden sollen einige Taktiken und Strategien dieser ‚Pick-Up‘-Arschis vorgestellt werden.

Die Push + Pull-Methode

Bei dieser Methode geht es um das Heranziehen und Wegstoßen des ‚Targets‘. Die Frau wird zunächst mit Komplimenten überhäuft, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Hat der ‚PUA‘ diese, wird sie anschließend erniedrigt und beleidigt, nur um sie im „pull“-Teil wieder mit Komplimenten an sich „heranzuziehen“. Das Ziel: ein Machtgefälle zu erzeugen, das den ‚PUA‘ über das ‚Target‘ stellt, um ihr von dort aus den eigenen Willen aufzudrücken.

Das „Negging“

„Negging“ ist eine weitere Taktikt der ‚Pick-Up-Artists‘. „Negs“ sind vermeintliche Komplimente, welche das ‚Target‘ herabwürdigen und ihr Selbstbewusstsein schwächen. Verwundbare Frauen, so die Überlegung der ‚PUAs‘ sind empfänglicher für Anmachen. Ein selbst ernannter Experte in einem ‚PUA‘-Forum schreibt dazu: „Negs dienen wirklich dazu, den State [Zustand] eines Targets anzuknacksen. Zum Beispiel: Ich mag deine blonden Haare… nur schade, das [sic] sie gefärbt und nicht natur sind.“ Auf dem Blog „im Gegenteil“ findet Ihr einen kritischen Artikel mit weiteren ‚Negs‘. Lest rein und enttarnt PUAs und ihre Maschen.

Freezing oder Freeze Out

Eine andere Methode, die ‚Pick-Up-Artists‘ ihren Schülern beibringen ist das ‚freezing‘. Diese Taktik basiert auf kurzem Interesse zeigen und dann totaler Ignoranz und dem Brechen der Situation. Christina Schmidt hat sich in ihrem Artikel „Pick-Up-Artists“: Ein fragwürdiges Phänomen von ‚Verführung‘ ausführlich mit dem Thema beschäftigt.

Last Resistance oder Last Minute Resistance

Ein Typ hat es geschafft, dass eine Frau ihn mit nach Hause nimmt. Kurz bevor sie miteinander schlafen, zögert sie jedoch. Hier kommt die Taktik „Last Resistance“ zum Einsatz, welche sich aus „push and pull“ sowie „freezing“ zusammensetzt. Das Ziel dieser ekelhaften Methode: die Frau dazu bringen, ihren Widerstand aufzugeben. Die Taktik wird so lange gefahren, bis sie aus Angst vor Zurückweisung oder Sozialem Druck schließlich doch einwilligt und es zum Penetrationssex kommt. ‚PUAs‘ sind hier hartnäckig, bis zu zwei Stunden kann es nach Angaben in ‚PUA‘ Foren dauern, um gegen den Willen mit ihr zu schlafen. Die Wünsch oder Zustimmung der Partnerin wird getrost ignoriert – was zählt ist das „Game“ und das heißt es zu gewinnen – komme wer oder was wolle.

Ihr nennt es Kunst? Wir nennen es Grenzüberschreitung und sexualisierte Gewalt!

Es gilt, sexualisierte Gewalt durch ‚PUAs‘ sichtbar zu machen und zu bekämpfen!

Wer Angst, Druck und Manipulation als Flirtstrategie nutzt, hat unserer Ansicht nach nicht nur Probleme mit sich selbst, sondern agiert ohne Respekt und Wertschätzung den sogenannten „Targets“ gegenüber. Es geht der Aufreißerszene darum, den Willen von Frauen zu brechen und ihre Grenzen zu überschreiten, um die eigenen Interessen auch gegen die Bedürfnisse ihres Gegenübers durchzusetzen.

Grenzüberschreitungen, besonders auf sexueller Ebene, können bei den Betroffenen unangenehme Gefühle hervorrufen, aber auch zu langfristigen psychischen Problemen führen. Methoden, Strategien und Taktiken die zum Ziel haben, (sexualisierte) Handlungen an einer Person vorzunehmen, denen diese nicht ausdrücklich zustimmt, ist sexualisierte Gewalt. Diese Gewalt ist als solche klar zu benennen, sichtbar zu machen und konsequent abzulehnen.

Geht’s noch? Eure misogyne Kackscheiße könnt ihr euch sparen! 

‚Pick-Up-Artists‘ versuchen die Gewalt, die sie durch ihre Methoden ausüben und weiter vermitteln, zu verharmlosen. Sie stellen sie als Flirthilfe für Männer dar und verwenden entsprechenden Slang. All das passt in den Diskurs der patriarchalen Gesellschaftsstruktur und wird von dieser gedeckt und bestärkt. Doch nichts daran ist harmlos; weder die Sprache, frauenverachtenden Ideologie, noch die manipulativen Taktiken, Methoden und Strategien von ‚PUAs‘. Die Verletzung von weiblich gelesenen Personen und ihren persönlichen Grenzen sind die Grundlage der Aktivitäten so genannter ‚Pick-Up-Artists‘.

Wir fordern ein Ende der Verharmlosung von der Gewalt, die von der ‚Pick-Up-Artists‘ Szene ausgeht. Es braucht eine breite Auseinandersetzung mit den Akteuren und ihren Maschen. Bis das Thema gesamtgesellschaftlich bearbeitet wird, sehen wir als Antisexistische Aktion München es als eine unserer Aufgaben, das Thema sichtbar zu machen, uns in Bündnissen mit solidarischen Personen zusammenzuschließen und zu vernetzen, um gemeinsam gegen diese patriarchale Gewalt vorzugehen. Damit wir alle ein Leben frei von manipulativen Aufreißern leben können.

We love Consent <3


(1) Hinweise darauf, wie wir gendern, findet Ihr in der Einleitung.