Eine kleiner Prolog warum wir uns als Feminist*innen mit Fundi-Dreck beschäftigen (müssen) …
Christliche FundamentalistInnen und Teile der konservativen bis extremen Rechten (das heißt, Mitglieder verschiedener Kirchen, der CSU bis hin zur AfD, Burschenschaften usw.) kommen bei Versammlungen radikaler AbtreibungsgegnerInnen zusammen. Was sie eint – außer der Tatsache, dass sie alle reaktionäre Wappler sind? Sie alle verbindet ihr antifeministisches Weltbild!
Bei der Frage, ob und inwieweit der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet werden sollte, geht es AbtreibungsgegnerInnen eben nicht, um die persönlich beste Entscheidung für Schwangere und deren Wohlergehen oder um die aus Embryonen herbeifantasierten Kinder, sondern es geht ihnen um die Kontrolle von gebärfähigen Körpern. Es geht um die Kontrolle von Frauen und Queers, um Fragen rund um reproduktiver Gerechtigkeit und sexueller Emanzipation, als auch sich wandelnder Geschlechter-, Familien- und Rollenbilder. Emanzipatorische Errungenschaften in diesen Themenbereichen sind häufig die ersten Punkte, die unter regressiven und reaktionären Bestrebungen wieder umgekehrt werden – angeführt von den Orbans, Bolsonaros und Trumps dieser Welt. Aber so weit muss man gar nicht schauen – guckt man in das Programm der AfD oder erinnert sich an die Aussagen der bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf, die angekündigt hat, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte der §218 StGB gestrichen werden…. sichere und flächendeckende Abtreibungen für alle erreichen wir mit denen sicher nicht. Von Söder und Spänle mit ihrem Anti-Abtreibungstag an bayerischen Schulen ganz zu schweigen. Das Verwehren vom Recht auf Abtreibung ist Ausdruck einer Herrschaft über den weiblichen Körper, Ausdruck von der Unterdrückung von Frauen und allen anderen gebärfähigen Personen. Es geht um den Einfluss auf Bevölkerungspolitik und Geburtenzahlen.
Die Kontrolle über gebärfähige Körper ist eng mit der Aufrechterhaltung von Patriarchat und Kapitalismus verbunden. So baut der Kapitalismus auf einem hierarchisch angeordneten binären Geschlechterverhältnis und der Unterdrückung von Frauen auf. Perfekt gemacht wird das in der romantischen Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau, insbesondere in ihrer institutionalisiertesten Form der Ehe und den darin enthaltenen „ehelichen Pflichten“. Durch die – für die Aufrechterhaltung kapitalistischer Strukturen unerlässliche – vergeschlechtlichte Trennung von Reproduktions- und Produktionsarbeit wird das Weibliche in unserer Gesellschaft mit der Natur assoziiert und eine „sexistische“ Ideologie hergestellt. Careaufgaben werden naturalisiert und als die vermeintlich „natürliche“ Aufgabe der Frau festgeschrieben. Dies zeigt sich u.a. darin, dass Careaufgaben in der Gesellschaft konstant mit Weiblichkeit verknüpft und immer noch in großen Teilen unentlohnt von Frauen geleistet werden – ganz schön praktisch für´s Patriarchat, unbezahlte Arbeit als Liebesbeweis zu verkaufen. Durch diese Verknüpfung von kapitalistischen und patriarchalen Strukturen wird es nicht nur als Aufgabe der Frau angesehen, sich um Familie und den Haushalt zu kümmern, sondern „Mutter sein“ liege grundsätzlich auch in der „Natur“ der Frau. Diese Kontrolle des weiblichen Körpers ist ein Mittel zur Umsetzung bevölkerungspolitischer und kapitalistischer Interessen und dient der Aufrechterhaltung patriarchaler Strukturen.
Ehe, Küche, Vaterland – Unsere Antwort Widerstand!
Vor diesem Hintergrund geht mit der Kontrolle gebärfähiger Körper auch immer eine Bewertung einher, wer Kinder bekommen soll und wer nicht. Behinderte Menschen, Juden*Jüdinnen, Schwarze Menschen, People of Colour (PoCs), LQBTIQ* Personen, Kranke, Arme, Wohnungslose u.v.m. – die Liste von Gruppen, denen das Kinderbekommen abgesprochen wird und/oder wurde, ist lang. Gesellschaftliche Diskriminierung und Abwertung wirkt sich meistens direkt auf die gesellschaftliche Erwünschtheit von Schwangerschaften aus. Aber auch gebärfähige Menschen, die wahlweise zu „alt“ oder zu „jung“ zum gebären seien oder Queers, die Kinder bekommen können, aber nicht ins binäre Geschlechterbild passen, werden abgewertet. Frauen, die nicht gebären können oder wollen, werden als weniger „weiblich“ beurteilt. All diese Bewertungen gehen häufig auch mit nationalistischen, rassistischen oder völkischen bevölkerungspolitischen Bestrebungen einher, wodurch z.B. People of Colour, die Kinder bekommen (können) abgewertet, diskriminiert und unsichtbar gemacht werden, da sie nicht zum Erhalt des imaginierten „eigenen Volkes“ oder der „eigenen Kultur“ beitragen oder gar als vermeintliche Bedrohung für diese ausgemacht werden. What the fuck: wie kommt ihr auf so einen Scheiß? Leider sind Weltanschauungen, die auf der grundlegenden Idee beruhen: Menschen wären ungleich viel wert, nicht nur Nazikram, sondern bis heute weit in der Gesamtgesellschaft verbreitet.
Radikalen AbtreibungsgegnerInnen und anderen AntifeministInnen geht es also nicht nur um das Verbot und die Verunmöglichung von Schwangerschaftsabbrüchen – vielmehr steht hinter ihren Aktivitäten ein antifeministisches, reaktionäres, antidemokratisches bis extrem rechtes Weltbild. Es geht ihnen, um die Aufrechterhaltung des binären Geschlechterverhältnisses und der damit verbundenen Rollenaufteilung, um die (Wieder)Herstellung der traditionellen Kleinfamilie, dem Schutz des vermeintlich bedrohten christlichen Abendlandes und um vieles mehr. Als antifeministische Bewegung stellen sie sich gegen emanzipatorische, feministische Kämpfe, gegen all ihre Errungenschaften und Bestrebungen für Gleichberechtigung für Alle. Sie bekämpfen Personen, die aus den binären Geschlechteridentitäten fallen und nicht in ihre heteronormative Vorstellung passen. Diejenigen, die nicht ihren vorgesehenen Rollenbildern entsprechen, jene, die keinen Bock auf ein Leben in romantischen Zweierbeziehungen haben und Menschen, die nicht in ihr rassistisches Bild von völkisch nationalistischer Reinheit passen – alle, die ihre anti-moderne Ideologie in Frage stellen.
An diesem Punkt sollte bereits mehr als deutlich geworden sein, warum wir uns als Feminist*innen mit dieser Scheiße auseinandersetzen müssen! Eines steht aber zweifelsfrei fest:
Wir leben, wie wir wollen, wir gebären, wenn, wann und wie wir wollen, und wir erziehen, wie wir es für richtig halten – damit in den nächsten Generationen diese antifeministischen, kapitalistischen Ideologien und Herrschaftsverhältnisse keinen Platz mehr haben. Wir werden nicht aufhören, für eine emanzipatorische und befreite Gesellschaft zu kämpfen, für eine Welt, in der alle ohne Angst verschieden sein können.
Unsere Solidarität gegen euren Bullshit!