Ein Jahr nach Hanau: Lernt ihre Namen – ihre Geschichten – lernt den Schmerz

  • Gökhan hat sich erst einmal um alle anderen gekümmert, dann um sich selbst.
  • Sedat liebte die Freiheit, das Reisen und den Sommer und er machte die beste Shisha in der Stadt.
  • Said Nesar hatte vier Geschwister und immer ein Lächeln im Gesicht. Er brachte alle um sich herum gerne zum Lachen. 
  • Mercedes war nur streng, wenn es um Schule ging. Für ihre beiden Kinder war sie die beste Freundin auf der Welt. 
  • Hamza war ruhig und zielstrebig schon als Kind, auf ihn konnte man einfach nicht wütend sein.
  • Vili konnte sechs Sprachen. Er wollte noch studieren und die Welt sehen. 
  • Ferhat hat immer zugehört und einen Rat gewusst. Er wollte ein Buch schreiben. 
  • Kaloyan arbeitete viel, für die Familie und seinen Sohn in Bulgarien.
  • Fatih war ein liebevoller Mensch, kein Typ der viel raus ist, er war viel arbeiten und mit seiner Lebensgefährtin zu Hause. 

Diese Zitate stammen, teilweise frei zitiert, aus der ARD Dokumentation Hanau – eine Nacht und ihre Folgen.

Lernt ihre Namen – ihre Geschichten – lernt den Schmerz

„Dieser Schmerz, diese Wunde, wie soll die jemals heilen? Wie?“ (Diana Sokoli) 

Neun Menschen deren Leben auf grausame Art beendet wurde: Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Hamza Kurtović, Gökhan Gültekin, Mercedes Kierpacz, Vili-Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov

Der rassistische Terroranschlag in Hanau ist kein Einzelfall. Er reiht sich ein in eine lange Liste von rechten und rassistischen Morden in Deutschland. Das was wir sehen wollen von der Mordnacht sind neun tote Opfer – ruhig, leise betrauerbar. Diese neun Menschenleben, die sinnlos durch rassistischen Terror beendet wurden, sind allerdings nur die Spitze der Grausamkeit. 

Familien, Freunde, Bekannte die am 19. Februar 2020 geliebte Menschen verloren haben und mit dem Verlust und dem Schmerz leben lernen müssen. 

Alle Menschen, die in der Mordnacht verletzt wurden, durch Kugeln, aber auch durch das traumatisierende Erlebnis Zeug*innen eines rassistischen Attentats zu werden. 

Der Umgang von Behörden und Institutionen mit den Angehörigen und Betroffenen im Anschluss an die Tatnacht. 

Den Schmerz und die Angst, die der rassistische Terroranschlag in der Gesellschaft säht. 

Eine rassistische Gesellschaft die weiter macht wie zuvor.

Was bleibt nach Hanau?

Was bleibt ist der Schmerz und die Frage nach dem Warum. 

Morde aufgrund von rassistischer und menschenverachtender Ideologie wirken oft unbeantwortbar. Das ist Teil des Problems. 

Die Antwort lautet: Weil wir nichts dagegen tun. Weil die Politisierung von Ungleichheit Menschen ungehindert dazu bringt, andere Menschen zu hassen. Weil wir als Gesellschaft immer noch nicht gelernt haben das Problem Rassismus ernst zu nehmen. Und weil Menschen weiterhin tagtäglich zu den Anderen gemacht werden – anstatt gemeinsam als Gesellschaft gegen menschenverachtende Ideologien und Strukturen vorzugehen. 

Das Problem heißt Rassismus – und muss als solches benannt werden.

Es reicht nicht mehr nur Namen zu sagen – es geht darum den Schmerz und die Sinnlosigkeit von Rassismus zu fühlen, die hinter den menschenfeindlichen Morden stehen. Es geht darum zu Handeln. Damit das was schon zu oft passiert ist, nie wieder geschieht. Dazu braucht es aber eine mutige Gesellschaft – die bereit ist, das Problem von Rassismus und anderer gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auf allen Ebenen anzugehen. Es braucht eine radikale Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus in der deutschen Gesellschaft.

Erst wenn wir erkennen, dass wir Teil des Problems sind, durch unsere Einstellungen, unser Denken und unser Handeln, können wir Veränderung erreichen.

Wir gedenken Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Hamza Kurtović, Gökhan Gültekin, Mercedes Kierpacz, Vili-Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov. 

  • Wir solidarisieren uns mit den Angehörigen der Opfer von Hanau.
  • Wir solidarisieren uns mit den Überlebenden des rassistischen Terroranschlags in Hanau.
  • Wir solidarisieren uns mit allen Menschen die von Rassismus betroffen sind.  
  • Und all denen die täglich aktiv gegen Rassismus und rechte Strukturen kämpfen.

Initiativen und weiterführende Informationen

Unterstützt die Hinterbliebenen in ihrem Kampf gegen Rassismus:

Meldet rechte und rassistische Vorfälle in München:

Ihr seid selbst von rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und Diskriminierung betroffen und braucht Hilfe? Dann wendet Euch an die Beratungsstelle BEFORE  in München beziehungsweise an B.U.D. (Beratung, Unterstützung, Dokumentation) in Bayern.