Vom 28. bis 29. Februar 2020 findet in einem Münchner Hotel das Seminar „Männlich wirken – natürlich flirten“ mit Matthias Pöhm statt. Pöhm ist ein sogenannter „Pick-Up-Artist“ (PUA), der seinen Schülern die „Kunst des Verführens“ näher bringen möchte.
Was für manch Eine*n daherkommt wie ein harmloses Training, um das Selbstbewusstsein zu steigern, ist in Wahrheit ein Seminar zum Erlernen höchst manipulativer Strategien, mit deren Hilfe Frauen systematisch verunsichert und herabgewürdigt werden.
Doch was versteckt sich hinter den sogenannten „Pick-up-Artists“ und was erwartet uns an diesem Februarwochenende?
PUA: Eine sexistische und frauenfeindliche Bewegung
Bei „Pick-up-Artists“ handelt es sich um eine Community von Männern, die darauf abzielen, systematisch Frauen aufzureißen. Mittels Onlineforen, Videos und Seminaren tauschen sich Mitglieder der Bewegung über Strategien und Methoden der „Frauenverführung“ aus. Dabei versuchen sie mit erlernten Techniken auf die Psyche der Frau einzuwirken. Diese Methoden nutzen bewusst gesellschaftlich tief verankerte patriarchale Hierarchieverhätnisse, um weiblich gelesene Personen zu dominieren und sie gegen ihren Willen gefügig zu machen. Die Feministin Veronika Kracher bringt es auf den Punkt, wenn sie schreibt: „Hinter dem schöngeistigen Begriff des „Verführungskünstlers“ oder, im englischen „Pick-Up Artist“ (PUA), steckt nichts anderes als die widerwärtige und frauenfeindliche Ideologie, dass Frauen nichts anderes seien als Sexobjekte, die einem Untertan gemacht werden müssen.“ (1)
„PUAs“ bedienen sich eines eigenen Wortschatzes, der einen aufschlussreichen Einblick in die Köpfe der Männer gewährt: so nennen sie Frauen „Targets“ (Ziele) und einen „würdigen Abschluss“ einen „Fuck Close“ (2). Von einem „Fuck Close“ ist dann die Rede, wenn der Aufriss mit Sex endet.
Das „Negging“ wiederum bezeichnet die Vergabe eines vermeintlichen Kompliments, welches gleichzeitig einer Herabwürdigung dient (3). Frauen sollen auf diese Weise abgestoßen und zugleich angezogen werden. So erklärt ein selbst ernannter Experte in einem „PUA“-Forum seinen Community-Anhängern: „Negs dienen wirklich dazu, den State [Zustand] eines Targets anzuknacksen. Zum Beispiel: Ich mag deine blonden Haare… nur schade, das [sic] sie gefärbt und nicht natur sind.“ Mit einem solchen Psychospielchen stellt der Mann ein Machtgefälle her, in dem er sich deutlich über der Frau positioniert und ihr Selbstwertgefühl angreift. Folglich versuchen „Pick-up-Artists“ Frauen zu brechen und einzuschüchtern, um sie letztendlich voll und ganz kontrollieren zu können – und das alles mit System – erlernt in Seminaren bei Männern wie Matthias Pöhm.
„Matthias Pöhm war früher ein Opfer was Frauen angeht. Schauen Sie wie es heute aussieht.“
Diese zwei Sätze leiten ein zweiminütiges Video auf Pöhms Webseite ein (4). Der Hauptteil: eine Aneinanderreihung von Fotos, auf denen der „Verführungskünstler“ mit mehreren Frauen zu sehen ist. Für schlappe 1400 Euro können seine Seminarteilnehmer an zwei Tagen erlernen, wie auch sie bei Frauen landen können. Und nachdem Theorie nicht alles ist, dürfen die Teilnehmer das Erlernte abends in die Praxis umsetzen. Hierfür hat Pöhm Münchner Clubs nach mehreren Faktoren bewertet, so zum Beispiel:
- Hotty-Faktor: „Wie viele Hotties/ Sexy Frauen sind im Club?“
- Unnahbarkeits-Faktor: „Wie eingebildet wie „unnahbar“ spielen die Frauen?“
- Rückzugs-Faktor: „Denn, wie im Buch beschrieben, muss man Frauen isolieren, wenn man mit ihnen knutschen will.“ (4)
Zur erfolgreichen Isolierung hat Pöhm sogar sogenannte „Rückzugs-Landkarten“ erstellt, mit denen die Seminarteilnehmer ihr neues Wissen in Münchner Clubs erproben können.
„Sag doch einfach NEIN!“
Bei einer Onlinerecherche zum Thema „PUA“ sind wir auf Aussagen gestoßen wie „Die Frau muss sich ja nicht anflirten lassen„ oder „Sag doch einfach NEIN, wo ist das Problem?“. Doch so einfach ist es nicht. Wie bereits beschrieben, setzen „Pick-up-Artists“ auf die emotionale Manipulation und Unterdrückung von Frauen. So beschreibt die Autorin Dunya Oulatto in einem Erfahrungsbericht wie sie sich fühlte, nachdem sie von einem „PUA“ zunächst isoliert und später angefasst wurde, bevor er von ihr die Handynummer verlangte. „Auf dem Weg in Richtung Tür wird mir klar, dass ich sie nur rausgerückt habe, um schnell aus dieser Situation zu kommen. Und weil mir bei seiner bestimmenden Art kein „Nein“ möglich erschien.“ (5)
Ein „Ja“ ist nicht immer zwangsläufig ein Signal dafür, dass eine Person auch wirklich möchte. Um „Nein“ sagen zu können, benötigt ein Mensch unter Umständen einen Raum, in dem es ihm möglich ist, die vorliegende Situation einschätzen und in Ruhe entscheiden zu können. „Pick-up-Artists“ nehmen Frauen diesen Raum. So erklärt Pöhm in einem seiner Videos: „Was ihr machen müsst ist, wenn ihr mit einer Frau flirtet, unbedingt auch sie möglichst schnell bewegen“. Veranschaulicht wird diese Regel mit Hilfe einer gespielten Szene, in der ein Mann und eine Frau auf einer Bank sitzen. Er teilt ihr mit, er habe Hunger, packt sie an der Hand und bringt sie so mit einem bestimmten „Komm!“ zum Aufstehen. Konsens scheint für „Pick-up-Artists“ ein Fremdwort zu sein. (6)
Kommen wir zu der Frage zurück, was uns am 28. und 29. Februar 2020 in München erwartet. Wir gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr Pöhms Schützlinge von Club zu Club wandern und Frauen belästigen. Wir sind uns sicher, dass jeder Einzelne von ihnen anhand der typischen Anmachsprüche deutlich zu erkennen sein wird. Deshalb: Seid aufmerksam. Achtet aufeinander. Haltet eure Augen und Ohren offen. Zeigt den selbsternannten Verführungskünstlern, dass ihr keinen Bock auf Sexismus und Frauenfeindlichkeit habt und schickt sie zum Teufel!
Macker gibts in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt! Alerta Antisexista!
Quellen:
(1) Graswurzel-Artikel: Die SZ und der Aufreißer
(2) Tagesspiegel-Artikel: Ohne Kino kein Kiss Close
(3) Fudder-Artikel: „Pick-Up-Artists sind frauenfeindlich“: Interview mit der Netzfeministin Helga Hansen
(5) Fudder-Artikel: Ansprechen, überrumpeln, isolieren: Wie ein Pick-Up-Artist versuchte, mich zu verführen