Nieder mit Jesus und für den Feminismus! Unser Nachbericht von den Protesten gegen den „1000-Kreuze-Marsch“ 2020

Rund 300 Pro Choice Aktivist*innen setzen mit lautstarkem und entschlossenem Protest gegen den diesjährigen „1000-Kreuze-Marsch“ in München ein klares Zeichen gegen das reaktionäre Menschenbild christlich-fundamentalistischer Abtreibungsgegner*innen.

Klare Forderungen! Viele Teilnehmer*innen hielten Schilder wie diese in der Hand.

Vor circa drei Wochen erreichte uns zu unserem großen Bedauern die Nachricht, dass der vom christlich-fundamentalistischen Verein „Euro Pro Life“ organisierte „1000-Kreuze-Marsch“ trotz der Corona-Pandemie dieses Jahr doch noch stattfinden sollte. Bis zum geplanten Datum – dem 3. Oktober – blieben uns also knapp 14 Tage. Da die Zeit drängte, liefen die Vorbereitungen für den feministischen Gegenprotest sofort auf Hochtouren: Wir meldeten Kundgebungen an, verfassten Redebeiträge und Flyer, druckten die Aktionskarten, organisierten den Lauti und stellten alle wichtigen Infos zusammen. Ohne die solidarische Unterstützung unserer Genoss*innen aus München und dem Umland wäre das alles nicht machbar gewesen. Daher hier schon einmal ein fettes Dankeschön an Euch! ♥

CN: Polizeigewalt

Lautstarker und kreativer Gegenprotest

Trotz der kurzen Vorbereitungszeit kamen am Tag des Marsches mehrere Hundert Aktivist*innen in die Münchner Innenstadt und zu unserer Auftaktkundgebung am Reiterdenkmal.

Mit ausreichend Abstand zueinander und ausgestattet mit Mund-und-Nasen-Schutzmasken lauschten wir dort Redebeiträgen und Soligrüßen, die uns aus Berlin, Passau, Bern und Münster erreicht hatten. Auch wir nutzen diese Möglichkeit, um in unserem Redebeitrag noch einmal herauszustellen, wie sehr uns die gemeinsame Weiterentwicklung, Sichtbarmachung und Durchsetzung emanzipatorischer Positionen im Kontext gruppenübergreifender Bündnisse und Koalitionen doch immer wieder aufs Neue bestärkt. Besonders in Zeiten rechter Massenmobilisierung ist diese Zusammenarbeit wichtiger denn je – die konservative, rechte und völkische Argumentationsweise der christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen darf und wird nicht unbeantwortet bleiben! Ihre antifeministische und homofeindliche Propaganda gilt es zu dekonstruieren und als solche zu entlarven!

Merci an die Ordner*innen, die mit ihren Binden ein echter Hingucker waren und stets den Überblick behielten!

Und das taten wir. Wir waren bereit, als sich die rund 150 Fundis aufmachten. Bereits am Odeonsplatz übertönten unsere Parolen die Abtreibungsgegner*innen und als sich der Marsch in Bewegung setzte, wurde er stets von lautstarkem Gegenprotest begleitet. Auch der peinliche Höhepunkt der fundamentalistischen Scheißveranstaltung, die so genannte „Rosenzeremonie“ (Rosen werden ins Wasser geworfen, wahllos Namen gerufen, eine Glocke geläutet) wurde von allen Seiten gestört. Obgleich die Vorlaufzeit so knapp bemessen war, gab es mehrere Versuche die Fundis zu blockieren und eine Soliaktion am Friedensengel direkt an der Luitpoldbrücke.

Was auffällt: Am Ablauf der Veranstaltung und der ekelhaften Bildsprache der „Lebensschützer*innen“ hat sich in den letzten zehn Jahren nicht viel verändert. Nach wie vor tragen sie dieselben Kreuze, dieselben grauenhaften Plakate und das altbekannte Banner mit der Aufschrift „1000 Ungeborene jeden Tag“ mit sich herum. Ja, oftmals fühlt es sich so an, als würden wir uns im Kreis drehen, doch wir werden nicht müde zu betonen: Die christlich-fundamentalistische Hetze gegen Schwangerschaftsabbrüche wird diese nicht verhindern – Abtreibungen wird es immer geben. Mit ihrer menschenverachtenden Rhetorik befürworten und bestärken Abtreibungsgegner*innen jedoch die fortwährende Kriminalisierung und Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, welche dazu führt, dass Abtreibungen nach wie vor oftmals unter den übelsten Bedingungen stattfinden müssen. Die performative Trauer um  die „1000 Ungeborene“ ist daher blanker Hohn angesichts der vielen tausend Menschen, die jedes Jahr weltweit sterben, weil sie keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen haben.

Feminism is not a Crime!

Verlass war wie immer bei feministischen Protesten in München auch darauf, dass sich Team Blau einfach nicht benehmen kann. Unsere friedliche Kundgebung am Reiterdenkmal wurde komplett mit Hamburger Gittern umstellt, an den Minieingängen standen Cops in voller Montur, die nach eigenen Angaben „stichprobenartig“ Rucksäcke kontrollierten. Versuche, die Route zu blockieren wurden brutal unterbunden und Menschen – trotz hoher Corona-Infektionszahlen – zusammengedrängt und über längere Zeit von zig USK-Einheiten eingekesselt.

Diese Gängelung feministischer Proteste durch die Macker in Blau überrascht nicht, nervt aber höllisch… doch wir kämpfen weiter! Eure Repression wird uns auch in Zukunft nicht daran hindern, für Feminismus und gegen dieses scheiß Patriarchat auf die Straße zu gehen.

Das völlig überzogene Polizeiaufgebot muss natürlich gerechtfertigt werden und so kam es – no surprise – zu einigen Festnahmen bzw. Anzeigen. Wie bereits in den Vorjahren werden wir diejenigen, die Strafen bezahlen müssen, nach Kräften unterstützen! Also: Wenn Ihr Post von den Cops oder der Staatsanwaltschaft bekommt, meldet Euch bei der Roten Hilfe und schreibt auch gerne uns eine E-Mail. Wir lassen Euch nicht allein auf den Kosten sitzen! Wenn Ihr Polizeigewalt erfahren habt und darüber sprechen möchtet, dann meldet Euch bei Out of Action München.

Was bleibt!?

Wir sind noch immer baff, wie viele trotz der minimalen Vorbereitungszeit zu den Protesten gekommen sind, Schilder gemalt und sich selbst Aktionen gegen die Fundis ausgedacht haben. Das stimmt uns total positiv – Danke für Euer Kommen und den stabilen und hartnäckigen Gegenprotest! Wir freuen uns sehr auf kommende Kundgebungen, Demos und Aktionen mit Euch.

Alerta, Alerta Feminista!