Gedenken in der Schillerstraße – wie es weitergeht.

Am 7. Januar 2023 jährte sich der rechtsterroristische Anschlag auf den ehemaligen Club „Liverpool“ zum 39. Mal. Wir haben uns sehr gefreut, dass an diesem Tag rund 120 Antifaschist*innen zu unserer Kundgebung in der Schillerstraße kamen, um mit uns an die Opfer und Betroffenen des Anschlags zu erinnern.

Es wird in dieser Form das letzte Mal gewesen sein, dass wir in der Schillerstraße gedacht haben, denn die Stadt München ist aktiv geworden ist und will sich in das Gedenken einbringen. Als Gruppe haben wir entschieden, die Organisation der Kundgebungen in der Schillerstraße zukünftig städtischen Stellen zu überlassen. Wir möchten auch erklären warum und wie wir uns künftig mit diesem Thema beschäftigen werden.

Neue Perspektiven und Entwicklungen

Als Gruppe beschäftigen wir uns seit 2018 mit dem Anschlag in der Schillerstraße bei dem Corinna Tartarotti starb, sieben Menschen verletzt wurden und viele weitere traumatisiert wurden. Mit dem Ziel den Anschlag wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, haben wir recherchiert, Texte veröffentlicht, bei Demonstrationen und anderen Kundgebungen Redebeiträge zum Thema gehalten und Veranstaltungen organisiert. Zu den Jahrestagen des Anschlags haben wir Kundgebungen in der Schillerstraße und 2022, zum Todestag von Corinna Tartarotti, zum ersten Mal einen antifaschistischen Spaziergang zum Grab durchgeführt. Einige Ergebnisse dieser Beschäftigung findet Ihr hier auf unserer Webseite.

In all den Jahren haben wir viel gelernt. Immer wieder haben sich neue Aspekte aufgetan und neue Erkenntnisse ergeben. So bekamen wir dank der Zusendung einer ehemaligen Schulkameradin von Corinna Tartarotti nach vielen Jahren ein Gesicht zum Namen. 2021 wurde ihr Grab gefunden und 2022 die Pflege sowie Finanzierung vom a.i.d.a.-Archiv übernommen und, so erläuterte Marcus Buschmüller damals, „der Erhalt des Grabes bis mindestens zum Jahr 2032 gesichert und damit natürlich auch die Möglichkeit eines dortigen Gedenkens an die Ermordete.“ Die Süddeutsche Zeitung berichtete 2022 zum Jahrestag groß über den „Vergessenen Anschlag“ (€) und – wie bereits erwähnt – auch die Stadt wurde schlussendlich aktiv und möchte sich nun aktiv einbringen, was wir ausdrücklich begrüßen.

Antifaschistisches Gedenken ist kein Selbstzweck

Warum haben wir uns dazu entschieden, die Organisation der Gedenkkundgebung abzugeben? Unsere Ziele waren, ein Gedenken zu organisieren, damit der Anschlag nicht wieder in Vergessenheit gerät und auf gesellschaftlicher Ebene ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich an den strukturellen Gegebenheiten, aus denen rechter Terror entstehen kann, über die Jahre nicht viel verändert hat. Während das erste Ziel aus unserer Sicht mit der Übernahme der Gedenkveranstaltungen durch die Stadt München erreicht ist, sind wir uns einig, dass die Bedrohung, durch Antifeminismus, Misogynie und durch rechten Terror noch lange nicht gebannt ist.

Die Beschäftigung mit diesem Thema ist für uns jedoch nicht an den rechten Terroranschlag der „Gruppe Ludwig“ gebunden, sondern Aspekt unserer alltäglichen Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, in der antifeministische, sexistische und misogyne Ressentiments vorherrschen und Tag für Tag ihre schreckliche Wirkung entfalten. Die Organisation der Kundgebung fraß Kapazitäten, die wir – wie Ihr auch hier nachlesen könnt – leider nicht unbegrenzt haben. Wir werden alle Entwicklungen rund um das Thema selbstverständlich weiterhin eng verfolgen und uns einbringen, wo es unsere Zeit und Kraft zulässt.

Wir sagen Danke an alle, die sich in der Vergangenheit an der Kundgebung beteiligt und uns bei der Orga unterstützt haben! Danke an die Antifa nt, München Erinnern, die Beratungsstelle Before, den Antifa Stammtisch, das Queerfeministische Netzwerk, Refugee Struggle for Freedom und Einzelpersonen, die wissen, dass sie gemeint sind <3.

Unseren Redebeitrag aus dem Januar 2023 findet Ihr hier.

Presseberichterstattung 2023: