Liebe alle,
am 25. März findet schon wieder der sogenannte „Marsch fürs Leben“ in München statt.
Das ist sehr sehr bald und da wir uns dieses Jahr aus der Organisation feministischer (Gegen-)Proteste herausnehmen, finden wir es wichtig, heute eine kurze Erklärung zu den Gründen zu veröffentlichen.
Wir organisieren seit 2017 bzw. 2018 jedes Jahr Proteste gegen antifeministische Arschlöcher, im Fokus dabei standen immer die Proteste von AbtreibungsgegnerInnen.
Unsere Entscheidung ist in erster Linie eine Kapazitätenfrage. Sie ist aber auch ein Versuch, auf unsere Bedürfnisse zu achten und aus unserer gesellschaftlichen Kritik an Kapitalismus und dem darin enthaltenen Leistungsdenken, Folgen zu ziehen. Aktivismus darf uns nicht aufarbeiten, sondern sollte Teil vom Schritt ins gute Leben sein. In der Daueraufgabe sich dem Patriachat und seinen Fans entgegenzustellen sind wir buchstäblich ins Hamsterrad geraten. Nach dem Gegenprotest war vor dem Gegenprotest. Immer am Hinterherrennen, um den antifeministischen Arschlöchern etwas entgegensetzen zu können. Bedürfnisse und Begehren von uns als Gruppe, aber auch jeder Einzelnen hatten kaum Raum. Das wollen wir ändern.
Wir sind weit entfernt vom Paradies auf Erden. Repression und Gewalt gegenüber Aktivist*innen. Die Pandemie strengt an und die Distanz, die sie mit sich brachte, hat sich auch bei uns bemerkbar gemacht. Lohnarbeit und Stress in der Uni. Konflikte in sozialen Beziehungen. Und neben all dem Aktivismus. Die letzten Jahre waren turbulent und herausfordernd.
Es ist uns in all der Zeit nicht gelungen, unseren Aktivismus so zu gestalten, dass er Spaß macht. Statt uns Zeit für die Aspekte politischer Arbeit zu nehmen, für die wir uns eigentlich Zeit nehmen wollten, haben wir oft Dinge einfach gemacht, weil wir das Gefühl hatten, dass wir sie machen müssen und sie immer so gemacht haben. Wir mussten also eine Reissleine ziehen. Darum kamen wir zum Schluss:
Wir nehmen uns Zeit
Wir leben in einer Gesellschaft und die ist scheiße. Uns ist bewusst, dass es keine dauerhafte Lösung ist, individuell gegen Leistungsdruck und Kapitalismus anzukämpfen, aber wir versuchen uns und unsere Struktur selbstkritisch zu hinterfragen, unser Begehren nach dem guten Leben wert zu schätzen und danach zu handeln. Aktivismus braucht einen langen Atem, ist mit vielen Enttäuschungen, Gewalterfahrungen und Stress verbunden. Darum ist es wichtig aufeinander zu achten und unsere Strukturen zu reflektieren, bis wir das Paradies auf Erden leben.
Wir lösen uns nicht auf
Die Antisexistische Aktion München macht eine Orga-Auszeit. Was bedeutet das? Wir organisieren dieses Jahr keine feministischen Gegenproteste. Ganz wollen wir es aber nicht lassen. Wir wollen uns in diesem Jahr auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren, uns die Zeit nehmen und uns auf die Gegner*innenanalyse fokussieren. Gerade sitzen wir z. B. an der Ausarbeitung eines Votrags im Kontext „Marsch fürs Leben“ in München. Und wir wollen uns noch weiter mit feministischen Debatten im Allgemeinen, aber auch mit der Analyse vom Patriachat und seinen Fans beschäftigen.
Vielen Dank an alle antifaschistischen und feministischen Gruppen in und um München
Mitunter ein Grund, warum wir unsere Entscheidung so treffen können ist, weil es eine starke feministische, antifaschistische Szene in München gibt. Wir haben die Gegenproteste schon lange nicht mehr alleine organisiert. Es haben sich Bündnisse wie das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und das Paradies auf Erden Bündnis gegründet, in denen sich großartige feministische Gruppen und Einzelpersonen organisieren. Wir gehen also davon aus, dass Fundi Dreck in München nicht unwidersprochen bleibt. Und sind uneitel genug zu wissen, dass das auch gut ohne uns stattfindet.
Warum wir unsere Entscheidung öffentlich machen, hat auch damit zu tun, dass wir zur Debatte beitragen wollen, wie wir als Aktivistinnen lange dabei bleiben können, wie wichtig es ist, Bedürfnisse als Teil unserer Kämpfe wertzuschätzen und wie das unter dem gesellschaftlichen Umständen umsetzen können.
Wir sind nicht weg. Bis bald.
Eure Antisexistische Aktion München – immer bereit dem Patriarchat und seinen Fans ein Bein zu stellen.