Auch heute wollen AbtreibungsfeindInnen einen sogenannten 1000-Kreuze-Marsch in München veranstalten, um damit gegen Schwangerschaftsabbrüche zu protestieren.
Das ist Grund genug, sich anzusehen, wer eigentlich hinter dieser antifeministischen Demonstration steckt.
„European Voice of the Unborn Children: Protect our Life“, kurz „EuroProLife“ ist ein Verein der sich online und auf der Straße harmlos und religiös präsentiert. Schaut man sich die Plakate des Vereins an, wird deutlich, da geht es niemandem um die Rechte von Schwangeren, um freie Entscheidungen für oder gegen Kinder oder gar um sichere Möglichkeiten, eine Schwangerschaft abzubrechen. Auf den Plakaten sind Zygoten und Föten abgebildet, daneben stehen Sätze wie „Bitte helft meiner Mama: Ich will leben“ oder „Papa, schau, ich bin ein Junge“. Das ist nicht harmlos, das ist moralisierend, das ist Ideologie und politische Propaganda!
Und das zeigt auch: Bei den Leuten, die hier heute durch München laufen, handelt es sich nicht um harmlose Spinner, die theatralisch Rosen in die Isar schmeißen und dabei weinerlich Namen wie Hans, Klaus und Nicole rufen. Die Demonstration heute ist Teil einer politischen Agenda, die gezielt alle angreift, die sich für das Recht auf sichere, professionelle und flächendeckende Möglichkeiten einen Schwangerschaftsabbruch straffrei und ohne gesellschaftliche Stigmatisierung durchzuführen einsetzen.
Heute sehen wir nur die Spitze des Scheißbergs von AbtreibungsfeindInnen. Allein in München gibt es neben dem „1000-Kreuze-Marsch“ eine Fake-Beratungsstelle, dann den im Frühjahr stattfindenden „Marsch fürs Leben“, zweimal jährlich die Dauerbelagerung einer Klinik in Freiham von der christlich-fundamentalistischen Vereinigung „40 Tage für das Leben“ und monatliche Kundgebungen vor Praxen, die Abtreibungen anbieten.
Christliche FundamentalistInnen gibt es aber leider nicht nur in München. Die Szene ist in Deutschland, Europa und weltweit aktiv und leider auch gut vernetzt. Ihre Netzwerke reichen bis in konservative, aber auch extrem rechte Kreise. Abtreibung ist dabei nur ein gemeinsamer Nenner, denn Antifeminismus verbindet und bekämpft wird alles, was nicht ihrem Weltbild entspricht – als besonders schützenswert gelten ihnen weiße, christliche, hetero Männers und Frauen, wobei letztere zuvorderst Kinder gebären sollen und ihren Männers den Rücken freihalten sollen.
Diese Leute mit ihren Kreuzen sind also beileibe keine harmlosen Spinner!
Sie nehmen Einfluss auf die Politik, was sich unter anderem daran zeigt, dass Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf damit droht, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, falls Abtreibung auf Bundesebene aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird. Die Einflussnahme zeigt sich auch darin, dass Schwangerschaftsabbrüche immer noch nicht Teil der medizinischen Grundausbildung sind. Sie zeigt sich an den medizinischen Versorgungslücken und der anhaltenden gesellschaftlichen Stigmatisierung sowie der Kriminalisierung von Ärzt*innen und ungewollt Schwangeren.
Es braucht eine Welt, in der wir alle ohne Angst leben können. Auch und gerade dann, wenn wir Sexualität frei ausleben wollen und/oder, wenn wir schwanger sind. Zum Glück gibt es nicht nur rückwärtsgewandte AbtreibungsgegnerInnen und rechte Arschis, sondern auch emanzipatorische und feministische Antworten darauf, wie wir uns einer Welt nähern, in der wir Vielfalt und Solidarität leben können.
Das Verbot von Gehsteigbelästigungen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es braucht auch endlich die grundlegende Reform des Paragrafen 218 Strafgesetzbuch. Unter dem Slogan „Abtreibung legalisieren jetzt!“ gibt es noch bis Dezember eine Mitmachkampagne, die sich für die längst überfällige Legalisierung von Abtreibungen in Deutschland einsetzt, der man sich mit Aktionen anschließen kann.
Und auch wir kämpfen weiter für das Recht auf geschlechtliche, sexuelle, körperliche und reproduktive Selbstbestimmung.
Auf die antifeministische und homofeindliche Hetze des „1000-Kreuze-Marsches“ haben wir deshalb auch dieses Jahr absolut keinen Bock und freuen uns, dass ihr alle auf der Straße seid, um diese antifeministische Kackscheiße nicht unbeantwortet zu lassen!
Lasst uns alle zusammen kreativ dem Motto vom Pro Choice Bündnis: 1000 Kreuze umdrehen folgen! Keinen ungestörten Meter für ihren depperten Marsch.
Denn ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine – es bleiben unsere Körper und unsere Entscheidung.